Im Elsass gibt es eine gewisse Offenheit für ein neues Atomkraftwerk

Lesen Sie den gesamten Artikel in der Badischen Zeitung vom 17.11.2021

Mission erfüllt? Weit gefehlt. Eineinhalb Jahre sind seit der Stilllegung der beiden Reaktoren des Atomkraftwerks im elsässischen Fessenheim vergangen. Die Vorbereitungen für dessen Rückbau haben längst begonnen.

Und doch steht jetzt draußen vor der Allzweckhalle in Fessenheim Gustav Rosa, Initiator der Mahnwache Breisach, vor Beginn der jüngsten Sitzung der Fessenheim-Kontrollkommission (Clis), zusammen mit einem Dutzend Gleichgesinnter aus Baden und dem Elsass. Rosa hatte bis zur Abschaltung 500 Mal für ein Ende der Atomkraft im Elsass demonstriert.

Neue Begeisterung für die Atomkraft


Vor einer Woche hat Präsident Emmanuel Macron nun den Bau neuer Reaktoren, die Frankreich klimaneutralen Strom sichern sollen, angekündigt. Die Reaktion von Frédéric Bierry, Präsident der Gebietskörperschaft Elsass, folgte prompt. Die Stilllegung des Atomkraftwerks in Fessenheim hält er angesichts der Klimaerwärmung für einen Skandal. "Ich bin offen für Gespräche mit der Regierung", bekannte Bierry, "über einen eventuellen neuen Standort im Elsass."

Die Vorstellung, die Électricité de France (EDF) könnte vor seiner Haustür einen der neuen Reaktoren bauen, lässt den Bürgermeister von Fessenheim, Claude Brender, geradezu frohlocken. Und Bierry legt nach, nachdem die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen diese Woche für den Fall ihrer Wahl im kommenden Jahr ein Wiederhochfahren der beiden elsässischen Reaktoren verspricht.

Bierry stellt zur Debatte, ob es sinnvoll sei, neue Reaktoren zu bauen, wenn es Anlagen gebe, die "ihre Tauglichkeit unter Beweis gestellt" hätten. Obendrein ist auch der neue Clis-Vorsitzende, der konservative Abgeordnete Raphaël Schellenberger, ein erklärter Freund der Atomkraft.

Kann Fessenheim reaktiviert werden?
Macrons Pläne für neue Reaktoren und Le Pens Lust an der Provokation: Pierre Bois, verantwortlich für die Atomaufsicht in Straßburg, führt zwar in der Clis aus, dass Fessenheim aufgrund der Stilllegung eine im Vergleich zu anderen Standorten abgespeckte Sicherheitsausrüstung gegen Erdbeben oder Überflutung erhalten habe. Dies sei, versichert Bois, nur einer von vielen Aspekten, die eine Rückkehr zum Betrieb unmöglich machen.
 
Beim grenzüberschreitend verbündeten Akw-Protest lösen die geballten Bekenntnisse zur Atomkraft Entsetzen aus. "Hat Bierry überhaupt den Aachener Vertrag gelesen", fragt sich André Hatz, Sprecher der elsässischen Initiative Stop Fessenheim. Das deutsch-französische Abkommen von 2019 erwähnt namentlich das Zukunftsprojekt Fessenheim. Von einem neuen Atommeiler ist darin keine Rede.

Am Rande der Sitzung ist noch zu hören, dass es mit den Planungen für ein deutsch-französisches Gewerbegebiet bei Fessenheim gerade hakt. Von viel Bürokratie, von einem zähen Genehmigungsverfahren und zu wenig Geld für den Erschließungsprozess ist die Rede.

Fessenheim-Abriss könnte 2041 beendet sein

Zumindest die EDF scheint bei den Vorbereitungen für den Rückbau keine Zeit zu verlieren. Das Brennelementelager zu Reaktor 1 ist vollständig geleert. 2022 soll auch das nukleare Material aus Reaktor 2 per Bahn nach La Hague zur Wiederaufbereitung geschickt werden. "Das ist etwas, das wir zuverlässig beherrschen", betont Elvire Charre, Direktorin des stillgelegten Akw, in der Sitzung.

Diese Woche verlassen auch die ersten Dampfgeneratorenteile das Elsass mit dem Ziel Cyclife, eine Schmelzanlage in Schweden, die EDF gehört. Geht alles nach Plan, bleibt 2041 ein dekontaminiertes Gelände. Doch Gustav Rosa hat schon an Macron geschrieben, um sich für eine klimaneutrale Zukunft ohne Atomkraft stark zu machen.
 

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